Michael
von Lüttwitz und Peter Grunert
Geflügel-Börse 22/2003
"Kein
Industriefutter ist so optimal, daß es nicht doch auf Dauer durch Einseitigkeit
Erkrankungen auslösen kann .... Industriefutter macht auf Dauer krank." Zu
dieser Feststellung kommt die Tierärztin und Gesundheitsberaterin mit
Schwerpunkt Ernährung Dr. med. vet. Vera Biber in ihrem Buch über Verhaltensänderungen
durch Futterumstellung bei Hunden.
Die namhafte Futtermittelfirma "Solid Gold" wird in "TREFF",
einem Magazin für den zoologischen Fachhandel, noch konkreter: "Wie viele
Tierärzte und Heilpraktiker berichten, werden Haustiere heute nicht nur durch
Umwelteinflüsse geschädigt, sondern in zunehmendem Maße auch durch die
Inhaltsstoffe in den Futtermitteln. Die darin enthaltenen Konservierungsmittel,
Zusatzstoffe und chemischen Rückstände können mitverantwortlich dafür sein,
Krankheiten wie Tumore, Nieren- und Leberschäden, Beeinträchtigungen im
Bewegungsapparat, Fruchtbarkeitsstörungen und Allergien zu fördern oder auszulösen."
Klare Worte: Derartige Vorwürfe gegen Futtermittel werfen die Frage nach dem in
der Futtermittelbranche verwendeten Begriff "Alleinfutter" auf und
daraus resultierend die Fragestellung, ob es überhaupt Alleinfutter geben kann
- mit allen Konsequenzen für Tiergesundheit und Rechtsnormen.
Definitionen
und Gesetzeslage
Um die Fütterung
der Tiere näher zu hinterfragen, bedarf es klärender Definitionen. Diese
werden im Futtermittelrecht (Futtermittelgesetz und Futtermittelverordnung)
vorgegeben. Unter "Futtermitteln" versteht man Stoffe, die einzeln
oder in Mischungen dazu bestimmt sind, an Tiere verfüttert zu werden.
"Alleinfutter" wird wie folgt definiert: Mischfutter, die allein den
Nahrungsbedarf der Tiere decken. Neben dem Alleinfutter gibt es u. a. "Ergänzungsfuttermittel".
Darunter versteht man Mischfutter, die ergänzend zu anderen Futtermitteln den
Nahrungsbedarf der Tiere decken.
Diese
Definitionen sind die Grundlage für rechtliche Ausführungen zur Sicherheit der
Tiergesundheit hinsichtlich des Futters:
§ 1.1
Futtermittelverordnung: Im Sinne dieser Verordnung sind Alleinfuttermittel
Mischfuttermittel, die dazu bestimmt sind, allein den Nahrungsbedarf der Tiere
zu decken.
§ 1.2
Futtermittelgesetz: Zweck dieses Gesetzes ist es sicherzustellen, daß durch
Futtermittel die Gesundheit von Tieren nicht beeinträchtigt wird.
§ 1.3
Futtermittelgesetz: Zweck dieses Gesetzes ist es, vor Täuschung im Verkehr mit
Futtermitteln, Zusatzstoffen und Vormischungen zu schützen.
§ 3.1b
Futtermittelgesetz: Es ist verboten, Futtermittel derart herzustellen oder zu
behandeln, daß sie bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Verfütterung
geeignet sind, die Gesundheit von Tieren zu schädigen.
§ 3.2b
Futtermittelgesetz: Es ist verboten, Futtermittel in den Verkehr zu bringen,
wenn sie bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Verfütterung geeignet sind,
die Gesundheit von Tieren zu schädigen.
§ 3.3b
Futtermittelgesetz: Es ist verboten, Futtermittel zu verfüttern, die geeignet
sind, die Gesundheit der Tiere zu schädigen.
§ 2.1
Tierschutzgesetz: Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, muß das
Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren,
pflegen und verhaltensgerecht unterbringen.
"Alleinfutter
kann es nicht geben"
Aus den
Futtermitteldefinitionen und den gesetzlichen Bestimmungen ergeben sich nicht
nur für die Futtermittelhersteller und Tierbesitzer Konsequenzen, sondern auch
für den Gesetzgeber, sprich Staat oder Staatengemeinschaften.
Für den Halter und Züchter liegt die Situation klar auf der Hand. Er ist das
letzte Glied in der langen Handlungskette und für alles verantwortlich
hinsichtlich der Gesundheit seines Tieres. Er muß entscheiden, welche Nahrung
einer artgerechten Tierernährung entspricht. Dabei verläßt er sich natürlich
auf die Aussagen der Futtermittelindustrie. Diese bietet zu einem hohen Teil
Alleinfutter an. Da ein Alleinfutter laut Gesetzeslage allein den Nahrungsbedarf
der Tiere decken muß, fühlt sich der Tierhalter auf der sicheren Seite. Doch
die Praxis sieht oft ganz anders aus.
Die Geschäftsführung des Zentralverbandes Zoologischer Fachbetriebe (ZZF)
Deutschlands führt zu Alleinfutter aus: "Ein Alleinfutter gemäß der
futtermittelrechtlichen Definition kann es nicht geben. Ein solches Futter müßte
alle Nähr- und Wirkstoffe in einem dem Bedarf des jeweiligen Tiers
entsprechenden Mengenverhältnis enthalten .... In bezug auf die sonstigen Nähr-
und Wirkstoffe gibt es eine ständige Diskussion über den tatsächlichen
Bedarf. Diese Diskussion ist letztlich sinnlos, da es zwar standardisiertes
Futter, jedoch - glücklicherweise - keine Standardkatze und keinen Standardhund
gibt."
Wenn der ZZF aussagt, daß es kein Alleinfutter geben kann, stellt sich die
Frage, weshalb ein Großteil der Hunde und Katzen, aber auch andere Heim- und
Nutztiere mit diesem Futter allein versorgt werden. Die Aussage des ZZF
bedeutet, daß gegen geltendes Recht verstoßen wird, weil durch Alleinfutter
die Gesundheit der Tiere nicht garantiert werden kann.
Staatliche
Daumenschrauben
Eine besondere
Brisanz birgt in diesem Zusammenhang die Futtermittelverordnung bei
Mischfuttermitteln für Hunde und Katzen. Während generell kein Alleinfutter für
Tiere vorgeschrieben ist, gilt dies nicht für Hunde und Katzen. Mischfutter für
Hunde und Katzen müssen laut Futtermittelverordnung als Alleinfutter deklariert
werden. Auch dazu äußert sich die Geschäftsführung des Zentralverbandes
Zoologischer Fachbetriebe: "Das Futtermittelrecht zwingt die Hersteller,
denen dieses Problem sehr wohl bewußt ist und die deshalb ja auch Ergänzungsfuttermittel
anbieten, den unzutreffenden Begriff "Alleinfutter" für die
vorgeschriebene Deklaration zu benutzen. Man würde nicht nur unter
Tierschutzaspekten viel lieber einen Begriff verwenden, der auf die
Notwendigkeit zur Ergänzung deutlich hinweist, beispielsweise den Begriff
"Hauptfutter" ... Wir haben es hier also wieder einmal mit einem
Beispiel für die relativ häufige Parallelität von Tierschutz und Kommerz zu
tun und müssen bedauernd zur Kenntnis nehmen, daß rechtliche Bestimmungen im
Wege stehen. Das Futtermittelrecht beinhaltet insofern einen gravierenden
Widerspruch in sich selbst."
Auf der Basis dieser Aussage wird deutlich, daß Hersteller von Hunde- und
Katzenfutter staatlicherseits gezwungen werden, den irreführenden Begriff
"Alleinfutter" zu benutzen.
Ministerielle
Klimmzüge
Was sagt das
zuständige Ministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft
dazu? Aus dem zuständigen Referat 324, "Tierernährung,
Futtermittel", kommt folgende Antwort: "... Es liegt in der Natur der
Sache, daß der Nahrungsbedarf der Tiere jeweils nur nach dem aktuellen Stand
der Wissenschaft beurteilt werden kann."
Diese Erläuterung
ist ein Eingeständnis, daß man trotz Erkennens der Alleinfutterproblematik
nichts zu unternehmen gedenkt. Mit dem Ausdruck "aktueller Stand der
Wissenschaft" kann man alles und nichts zu jeder Zeit rechtfertigen.
"Aktueller Stand der Wissenschaft" bedeutet, das Futter hinkt
permanent hinter den neu gewonnenen Erkenntnissen der Wissenschaft hinterher und
muß ständig nachgebessert werden. Gerade diese Tatsache ist bereits Grund
genug und Beweis, daß es Alleinfutter nicht geben kann, weil es, wie der ZZF
richtig festgestellt hat und vom Ministerium bestätigt wird, nicht in der Lage
ist, den Bedarf der Tiere zu decken. Was ist ein Alleinfutter wert, das vor 20
Jahren als das Nonplusultra dargestellt wurde, aber heute nicht mehr existiert,
weil es den neuen Erkenntnissen der Wissenschaft nicht entspricht? Selbst ein
Marktführer bestätigt zu Alleinfuttermitteln noch erheblichen
Forschungsbedarf. Besteht hier nicht akuter Handlungsbedarf für den Staat,
Alleinfutter aus dem Gesetz zu streichen, um die Tiergesundheit durch
Mischfutter, das durch weitere Futterkomponenten ergänzt wird, sicherzustellen?
Kein
Alleinfutter für Menschen möglich
Wenn
Alleinfutter auch nur einen einzigen Stoff nicht enthält, der notwendig ist, um
die Gesundheit der Tiere zu garantieren, kann es kein Alleinfutter sein. Mehr
noch: Alle Stoffe, die lebenswichtig sind und die Lebensqualität des Tieres in
jedem unterschiedlichen Alter und in jedem Verwendungszweck garantieren, müssen
in der richtigen Menge vorhanden sein, weil ansonsten u. a. ein Verstoß gegen
§ 1.2 Futtermittelgesetz vorliegt. Ein Futter, das nicht hält, was es vorgibt,
ist eine Irreführung, und Irreführung ist eine Täuschung des Verbrauchers.
Verbrauchertäuschung verbietet das Gesetz.
Ein Beispiel in diesem Zusammenhang: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung
(DGE) hat hinsichtlich der Ernährungsbedarfsnormen Richtlinienkompetenz. Diese
Gesellschaft erweckt zuweilen den Eindruck, daß sie dem aktuellen Stand der
Wissenschaft hinterherhinkt. Umso brisanter wird deren Aussage zu einer Anfrage
zu "Alleinfutter-Pellets für Menschen". Die DGE sagt zu Recht, daß
es Alleinfutter-Pellets für Menschen nicht geben kann, weil darin u. a. die für
ein langes und gesundes Leben notwendigen sekundären Pflanzenstoffe fehlen.
Daraus wird ersichtlich, daß eine ganze Gruppe an wesentlichen Stoffen im
Alleinfutter nicht enthalten ist. Um bei Tieren von Alleinfutter zu sprechen, müßten
die Futterherstellung und die Kenntnisse über die Bedarfswerte im Tiersektor
besser sein als im menschlichen Bereich. Das ist nicht der Fall.
Hochwertiges
Futter ohne Menadion*
Bei den
Vitaminen und Mineralstoffen weiß man für viele Tierarten nicht, wie ihr
Bedarf ist, man weiß dieses noch nicht einmal gesichert beim bestens
untersuchten Säuger der Welt, dem Menschen.
Anscheinend hat man beim Tierfutter jedoch erkannt, daß es zu wenige natürliche
Stoffe enthält, um ständig vorkommende Blutungen im Körper zu unterbinden. In
der Natur sichert den Blutungsstop das Vitamin K1. Statt eines
Vitamin-K1-Zusatzes oder vitaminK1-reicher Ausgangsstoffe mischt man Menadion,
ein Laborprodukt, das es in der Natur nicht gibt, ins Futter, um die
Blutgerinnung sicherzustellen. Dieser Zusatz ist billiger als Vitamin K1, hat
aber toxische Nebenwirkungen, die bei Menschenbabies zu Dauerschäden und Todesfällen
führten.
Zudem erfüllt Vitamin K1 im Organismus zahlreiche Stoffwechselfunktionen, die
Menadion nicht erfüllt. Durch die Beigabe von Menadion gesteht der
entsprechende Futtermittelhersteller ein, daß der Vitamin K-Gehalt des Futters
nicht so ist, wie er sein müßte.
Es stellt sich deshalb die berechtigte Frage, ob ein solches Futter artgerecht
ist. Des weiteren bestätigen wissenschaftliche Erkenntnisse, daß Menadion Schäden
verursacht. Solche Stoffe sind laut Futtermittelgesetz nicht zulässig!
Ein hochwertiges Futter kommt ohne Menadion aus, schreibt die
"Hundezeitung" in ihrem Artikel "Futter-Wahrheiten und neue
Studie" und weist zugleich darauf hin, daß bestimmte Fertigfuttersorten
sogar eine Magendrehung verursachen können.
Die Mitteilung erlaubt den Schluß, daß alle Futterstoffe mit Menadion nicht
hochwertig sind und man mit der Zugabe oder Nichtzugabe dieses Zusatzstoffes
einen entsprechenden Indikator für die qualitative Werteinstufung des Futters
zur Hand hat!
Nicht zuletzt bekommt die Menadionproblematik besondere Brisanz im menschlichen
Ernährungssektor, weil Nutztiere Menadion im Fleisch ablagern, ebenso in Eiern
und Milch. Dadurch fließt in den menschlichen Ernährungskreislauf Menadion
ein. Hier ist Menadion jedoch nicht zugelassen, de facto verboten. Das
Futtermittelgesetz schreibt dazu unter § 3.1a: Es ist verboten, Futtermittel
derart herzustellen oder zu behandeln, daß sie bei bestimmungsgemäßer und
sachgerechter Verfütterung geeignet sind, die Qualität der von Nutztieren
gewonnenen Erzeugnisse, insbesondere im Hinblick auf ihre Unbedenklichkeit für
die menschliche Gesundheit, zu beeinträchtigen. Das zuständige
Bundesministerium schweigt inhaltlich zu dieser Thematik auf der Abteilungsebene
"Lebensmittelsicherheit" beharrlich!
Daß nicht nur Vitamin K1 im Futter fehlt, zeigt die Palette an extern zugeführten
Vitaminen. Dieses verwundert nicht, wenn man bedenkt, daß z. B. Hundefutter im
Verarbeitungszyklus bis zu 250 Grad Celsius, und das phasenweise für längere
Zeit, ausgesetzt wird, wie die bereits zitierte Dr. Biber ausführt. Der Mensch
stirbt bei 42 Grad Celsius Fieber, weil sich hier temperatursensible
Proteinstrukturen in jeglicher Richtung auflösen. Wie wertvoll oder wertlos
entsprechend hoch erhitztes Futter ist, kann sich jeder selbst ausrechnen und
sich die Frage stellen: Kann es Alleinfutter geben, das den Bedarf eines Tieres
komplett sicherstellt?
* Menadion =
Vitamin K3
Aminosäuren-Problematik
Interessant ist
auch die Aminosäurenzusammensetzung des Futters. Aminosäuren, die Bausteine
der Eiweiße, kommen in zwei chemischen Formen vor, der L- und der D-Form. In
tierischen Geweben liegen die Aminosäuren in der L-Form vor. Künstlich
gewonnene Aminosäuren sind in einer D- oder bestenfalls DL-Form vorhanden. Fütterungstechnisch
stellt sich die Frage, inwieweit der lebende Organismus D-Formen nutzen kann.
Bei Geflügel liegen entsprechende Untersuchungen vor. Einige D-Formen können
nur sehr gering genutzt werden. Bei anderen ist die Verwertbarkeit leicht bis
bedeutend besser, sie erreichen aber häufig nicht die Wirkungsweise der natürlichen
L-Formen. Die geringe Wirkung ist besonders bei der Aminosäure Lysin
gravierend, weil diese Aminosäure limitierend im Futter des Geflügels wirkt.
Futtermittel, die eines Aminosäurezusatzes bedürfen, zeigen, daß sie Defizite
haben und nicht dem Alleinfutteranspruch entsprechen, sondern künstlich
nachgebessert werden müssen - und das zuweilen mit minderwertigeren Produkten
im Vergleich zu den natürlichen.
Bei Hunden kommt hinzu, daß ihre natürliche Fleischnahrung oftmals durch große
(billigere) Anteile an Getreide und anderen pflanzlichen Produkten ersetzt wird,
wobei ein Wolf, dessen Verdauungssystem der Hund heute noch hat, kein Getreide
frißt, bestenfalls Beeren. Durch hohe Getreidegaben kann es laut der bereits
zitierten Autorin Dr. Biber zu Ungleichgewichten in der Verdauung kommen.
Ist solches Futter artgerecht? Wohl kaum, denn Futter, das verdauungsmäßige
Ungleichgewichte nach sich zieht, erfüllt nicht das Kriterium, die Gesundheit
des Tieres nicht zu beeinträchtigen.
Tierschutz
und Futtermittelbranche
Der deutsche
Tierschutzbund führt an, daß 1998 von der Stiftung Warentest durchgeführte Prüfungen
von Alleinfuttermitteln für Hunde ein zufriedenstellendes Ergebnis brachten und
nur ein Futter mangelhaft war. Zu beachten ist, daß bei solchen Tests nicht das
Alleinfutter als solches hinterfragt wird, sondern nur die Inhaltsstoffe
hinsichtlich der Deklarierung etc.. Das Ergebnis war laut Tierschutzbund nicht
"sehr gut" oder "gut", sondern nur
"zufriedenstellend". Das sagt bereits einiges.
Einiges sagt auch, daß Tierschutzvereine, die Hunde vermitteln, von der
Futtermittelindustrie sogenannte Startsets bekommen, die an Hundehalter, die ein
Tier aus dem Tierheim übernehmen, weitergegeben werden und so den Eindruck
erzeugen, eine artgerechte Fütterung zu bieten. Tierheime bekommen auch Autos
von der Futtermittelindustrie geschenkt, damit sie ihrer öffentlichkeitswirksamen
Arbeit besser nachkommen können.
Bundesministerin Künast dankt für einen derartigen verantwortungsbewußten
Einsatz im Tierschutz und für die Sicherstellung der Tiergesundheit. Ob Frau
Bundesministerin Pressemeldungen über Tierversuche bei Futtermittelherstellern
gelesen hat, die jegliche moralische Verpflichtung dem Mitlebewesen Tier gegenüber
vermissen lassen, ist nicht bekannt.
Tierärztliche
Hilfestellung zuweilen unbrauchbar
Den Defiziten
im Alleinfutterbereich kann schon aufgrund der wenigen aufgeführten Beispiele
sicherlich nicht argumentativ widersprochen werden. Die Tierärzteschaft müßte
deshalb eigentlich Sturm gegen das Alleinfutter laufen. Ihr oberstes Ziel müßte
es sein, die Gesundheit der Tiere zu gewährleisten, auch wenn böse Zungen
sicherlich ungerechtfertigt behaupten, daß sie nur ein Interesse am Geschäft
mit kranken Tieren hat. Angesprochen auf Alleinfutterprobleme bei Hunden stellt
der Bundesverband Praktischer Tierärzte zu Alleinfutter fest: "Grundsätzlich
könnte es auch für Menschen ein Alleinfutter geben, mit dem man sich ernähren
könnte, wäre da nicht der Wunsch nach unterschiedlichem Geschmack,
appetitlichem Aussehen, verschiedener Konsistenz etc.. Schauen Sie sich doch
einmal die Babynahrung an. Bei dieser handelt es sich um nichts anderes als um
ein Alleinfutter."
Daß Preßfutter als Alleinnahrung für Menschen nicht möglich ist, hat die
Deutsche Gesellschaft für Ernährung bereits dargelegt. Auch ein angefragter
Babykosthersteller weist derartige Unterstellungen von sich. So schreibt Hipp:
"Um eine sinnvolle gemischte Ernährung zu gewährleisten, sollten die
Produkte sinnvoll kombiniert werden." Hipp hat dazu extra einen Ernährungsplan
entwickelt.
Somit hinken die tierärztlichen Aussagen zu Alleinfutter und Babynahrung nicht
nur gewaltig, sondern verraten auch noch große Wissensmängel. Da sind tierärztliche
Universitäten schon effektiver: Zu einem allein zu verabreichenden
Papageien-Handaufzuchtsfutter amerikanischen Ursprungs schreibt die Tierärztliche
Hochschule Hannover: "Die Rohnährstoffgehalte sowie die
Mengenelementgehalte entsprechen den üblichen Empfehlungen für Alleinfutter für
wachsende Hühnerküken." Weiter ist bekannt, daß es auch für die
Vitamine bei Papageien keine Bedarfswerte, sondern nur Empfehlungen und Schätzwerte
gibt.
Deshalb wundert es nicht mehr, daß eine frühere Dozentin des tierärztlichen
Instituts der Universität München zu der Feststellung kommt, daß bei
verschiedenen Züchtern, die dieses Handaufzuchtfutter aus verschiedenen Chargen
verfütterten, Todesfälle bei Tieren auftraten. Bei Untersuchungen an der Tierärztlichen
Hochschule Hannover bei Wellensittichen führte entsprechendes Futter zu Todesfällen,
nicht aber bei anders gefütterten Kontrollgruppen. Hier stellt sich die Frage ,
was ein Alleinfutter wert ist, wenn es als Alleinfutter für bestimmte Tiere
ausgewiesen wird, obwohl der Bedarf dieser Tiere nicht bekannt ist, sondern
lediglich geschätzt wird?
Wie ist ein solches Futter aus futtermittelrechtlicher Sicht zu bewerten, wonach
Futter die Gesundheit von Tieren nicht beeinträchtigen darf? Zu Ziervögeln
schreibt Dr. Kummmerfeld (Tierärztliche Hochschule Hannover) im "Buch vom
Tierschutz": "Die aus der Nutz- und Masttierhaltung übernommene
Pelletfütterung ist daher weder tier- noch verhaltensgerecht." Pelletfütterung
wird jedoch bei Papageien und anderen Heimtieren praktiziert!
Zahnschäden
sind akut
Katzen würden
eine bestimmte Futtermarke kaufen. Das ist ein gängiger Slogan in der Werbung für
Katzenfutter. Das Unternehmen behauptet, daß 75 Prozent bei einer Befragung auf
das per Slogan beworbene Bio-Futter zurückgreifen würden. Diese Absichtserklärung
ist zwar nicht gleichzusetzen mit dem Kauf eines Fertigfutters, aber man kann
davon ausgehen, daß die Befragten Fertigfutter verfüttern, sonst wären sie ja
nicht bereit, auf das beworbene Produkt umzusteigen.
Interessant dazu ist die Mitteilung eines Futtermittelherstellers im
Zoofachhandel-Magazin "TREFF". Die Firma führt aus: "Aktuellen
Untersuchungen zufolge leiden zirka 75 % aller Katzen, die älter als drei Jahre
sind, unter Erkrankungen des Gebisses." Um dem entgegenzuwirken, wird ein
spezielles Futter mit integrierter Zahnpflege vorgestellt. Ein logischer Rückschluß
wäre, daß mit Alleinfutter ernährte Katzen Zahnprobleme bekommen.
Wenn dem so ist, und 75 % sind eine nicht weg zu debattierende Menge, bedeutete
dieses, daß Alleinfutter die Gesundheit der Katzen beeinträchtigt. Das wäre
laut Gesetz verboten. Auch Hunde wurden nicht vergessen, nur daß dort 85 % laut
einem Untersuchunggsergebnis an Zahnproblemen leiden. Passend dazu führt die
Tierärztin und Gesundheitsexpertin Dr. Biber aus: "Die Firmen versprechen
sich weitere große Wachstumschancen durch Diätfutter und Functional Food, d.
h. allerlei Zusatzpräparate, mit denen die Schäden der Industrienahrung wieder
behoben werden sollen."
Inzwischen laufen bereits Informationsaktionen, daß es wegen des wachsenden
Gesundheitsbewußtseins F uttermittel mit 95 % Inhalt aus biologischer
Landwirtschaft gibt, das als besonders hochwertig eingestuft wird. Dies erlaubt
den Rückschluß, daß konventionelles Fertigfutter für Halter mit geringerem
Gesundheitsbewußtsein ist und nicht als besonders hochwertig eingestuft wird.
Bestimmte Futtermittelhersteller empfehlen, obwohl bekannt ist, daß
abwechslungsreich gefüttert werden sollte, ausschließlich ihre Produkte zu
verfüttern und konsequent bei Alleinfutter zu bleiben. Zugleich schüren sie Ängste,
warnen vor sonstigem "Zufüttern" und verweisen auf
"Rationsberechnungen", für die ein "Hochschulstudium" nötig
sei.
Man fragt sich angesichts solcher Panikmache, wie es Haushunden und anderen
Haustieren möglich war, Jahrtausende ohne Industriefutter zu überleben. Dazu
paßt bestens die Aussage des Generalimporteurs eines bekannten
Futtermittelherstellers in "WUFF - Das Hundemagazin": "Dennoch
ist es Tatsache, daß heute immer mehr Hunde Probleme mit der Verdauung haben,
unter Allergien leiden (fast die Hälfte aller beim Tierarzt vorgestellten
Hunde) und Probleme mit den Gelenken oft zu großen Schmerzen führen ...".
Alleinfutter
kann nicht genügen
Der
Landesverband Baden-Württemberg des Deutschen Tierschutzbundes bringt es durch
Frau Dr. Sabine Gosch auf den Punkt: "Der Deutsche Tierschutzbund und
ebenso die Tierärzteschaft raten allen Tierbesitzern, ihren Hunden, Katzen und
Heimtieren nicht ausschließlich Alleinfutter zu verabreichen, sondern
abwechslungsreich zu füttern .... Sicherlich gibt es schwarze Schafe unter den
Futtermittelherstellern, die eine ausschließliche Fütterung ihres
Alleinfutters empfehlen, aber ein dazu befragter Tierarzt wird dies sicher
richtig stellen."
Wenn ein Alleinfutter aus unterschiedlichsten Gründen nicht den
futtermittelrechtlichen Vorgaben entspricht, ist es kein
"Alleinfutter". Schon der Hinweis, daß Alleinfutter immer nur nach
dem aktuellen Stand der Wissenschaft beurteilt werden kann, bedeutet, daß es
unmöglich ist, ein Alleinfutter herzustellen, weil sich die Wissenschaft ständig
weiterentwickelt und das heutige Alleinfutter morgen keines mehr ist. Zudem
liegen für verschiedene Inhaltsstoffe oftmals keine Bedarfswerte, sondern nur
Schätzwerte oder Empfehlungen vor. Aus diesem Grund kann es nur eine einzige
Konsequenz geben: Der Begriff Alleinfutter ist aus der Gesetzgebung zu streichen
und durch Misch- bzw. Ergänzungsfutter zu ersetzen, damit für alle Haus- und
Heimtiere eine abwechslungsreiche Kost gefüttert werden kann und durch den
Begriff Alleinfutter beim Verbraucher nicht der irreführende Eindruck entsteht,
diese Futtermittel würden den Nähr- und Wirkungsbedarf eines Tieres allein
decken. Schon die wenigen angeführten Beispiele zeigen, daß dies nicht der
Fall ist. Futtermittel, die Verbraucher täuschen und Tiere schädigen können,
weil sie gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstoßen, dürfen weder
hergestellt noch verkauft werden. Der momentane Wissensstand läßt nur eine
einzige Konsequenz zu:
Verbot von "Alleinfuttermitteln". Zuständig hierfür ist das
Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft.
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