von
Doris Baumann
(Editorial
/ HUNDE-Revue, 5/2000)
Die
Meinungen über die „richtige“ und „falsche“
Hundeerziehung gehen bei Hundehaltern weit auseinander. Darüber
ließe sich allein schon trefflich diskutieren. Viele
althergebrachte „Das-war-immer-so’s“ behaupten hartnäckig
ihre Stellung.
Eine
Variante, die sich trotz aufklärender Beiträge auch in der
HUNDE-Revue in
den Köpfen der erziehenden Hundehalter breitmacht, ist das
erzieherische Nackenfellschütteln. Fragen Sie 100 Hundehalter
nach den Lob- und Tadel-Methoden (von Strafe soll hier nicht
die Rede sein!), und Sie hören zu 75 Prozent folgende
Antwort: „Loben mit Worten und Leckerlis“ - „Strafen
durch Nackenfellschütteln“ - meist noch ergänzt durch
„Unterwerfen“. Eine Terrier-Besitzerin berichtet, daß sie
während eines Spazierganges den Hund sicher an die zwanzigmal
„unterwerfen“ muß mit begleitendem Nackenfellschütteln.
Von
diesem Nackenfellschütteln ist auch noch in jüngster Zeit in
„Fachbüchern“ zu lesen; eine Welpenspielschule geht in
ihrer erzieherischen Gründlichkeit so weit, daß sie den am
Nackenfell hochgehobenen Welpen auch noch flach über den
Boden schleudert.
Nun
stellt sich doch die berechtigte Frage, wie man überhaupt auf
solche Erziehungsmethoden kommt. Beim Hinterfragen hört man
dann auch prompt die Antwort: „Das macht die Mutterhündin
mit ihren Welpen und die Wölfin mit ihren Jungen genauso“,
wobei die meisten dieser so Aussagenden wohlgemerkt nie einen
Wurf Hunde gezüchtet haben.
Ich
habe lange Jahre Deutsche Doggen und Zwergschnauzer gezüchtet
und viele, viele Stunden mit den Hundemüttern und ihren
Kindern verbracht. Niemals habe ich auch nur andeutungsweise
beobachten können, daß eine Hündin ihr Kind am Nackenfell
packte und schüttelte. Auch Züchter anderer Rassen haben nie
eine solche Handlungsweise des Muttertieres feststellen können.
Günther
Bloch, den Lesern aus zahlreichen Beiträgen in der
HUNDE-Revue bekannt, bestätigt auch, daß Wolfsmütter ihre
Jungen niemals durch Nackenfellschütteln züchtigen. Frau Dr.
Dorit Feddersen-Petersen schrieb noch in der HUNDE-Revue
3/2000: „Eine Zurechtweisung durch Nackenfellschütteln ist
ein tradiertes Märchen. Nackenfellschütteln stammt aus dem
Funktionskreis des Beutefangverhaltens, wird im Spiel der
Welpen gezeigt, ansonsten, um Mäuse oder kleine Beutetiere zu
töten.“
Können
Sie sich vorstellen, daß eine Hündin ihr Junges als
„Beute“ betrachtet und durch Nackenfellschütteln töten möchte?
Wohl kaum! Beobachten Sie doch einmal Ihren spielenden Welpen,
wenn er sich mit seinem Zerrlappen oder ähnlichem vergnügt.
Da wird geschüttelt bis zum Abwinken. Da wird gelernt, wie
man „Beute“ macht und wie man mit ihr umgeht. Vielleicht
vermögen Sie sich jetzt vorzustellen, was in dem kleinen
Welpenköpfchen vorgeht, wenn Sie ihn wie eine „Beute“
behandeln.
Fazit:
Nicht alles, was irgendwo - auch in schlauen Büchern -
geschrieben steht, ist unserem Vierbeiner förderlich.
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